Christlicher Dienst von Gottes Standpunkt aus
par T. Austin-Sparks

Worin besteht das Werk des Herrn? Was ist christlicher Dienst von Gottes Standpunkt aus gesehen? Er ist ein Beitrag zur Fülle Christi. In dem Maße, wie jeder einzelne Teil Seines Leibes auf dieses Ziel hin dient, werden alle Dinge in Christus zusammengefasst, und so wird Er die Fülle aller Dinge sein.

Das große göttliche Ziel hat viele Wege und viele Mittel, es zu erreichen, und es geht dabei nicht darum, ob wir, ihr oder ich, dem Herrn auf dieselbe Weise dienen wie irgend jemand sonst. Das ist nicht der springende Punkt. Wir standardisieren und unterteilen das christliche Werk in verschiedene Abteilungen, und wir denken dabei an die Aktivitäten von Dienern Gottes oder Missionaren und ähnlichen Funktionen und nennen dies dann das Werk Gottes. Wir stellen uns das vor, wenn wir davon reden, in den christlichen Dienst zu treten. Aber auch wenn ich nicht behaupte, das sei nicht das Werk des Herrn, ist es doch eine sehr enge und künstliche Art, die Dinge zu betrachten.

Das Werk des Herr ist und kann nicht mehr sein als ein Beitragen zur Fülle Christi und ein Vermitteln dieser Fülle an Ihn und von Ihm. Wie ihr das tut, ist eine Frage der göttlichen Berufung, doch das ist Sache des Herrn. So geht es nicht unbedingt darum, ob ich mich in etwas befinde, was gemeinhin Dienst, Missionar oder christlicher Mitarbeiter genannt wird, sei es in dieser oder jener Sparte, oder ob ich dem Herrn auf eine Weise diene, auf die schon andere Ihm dienen. Das ist eine völlig sekundäre Sache. Wir alle möchten tun, was bestimmte Leute tun, und möchten es so tun, wie sie es tun. Du magst dich bemühen, ein Apostel Paulus zu sein; allerdings, wenn du etwas mehr davon verstündest, wolltest du das vielleicht nicht mehr! Aber seht ihr, ob Paulus es entlang der ihm göttlich zugewiesenen Linie, auf die ihm bestimmte Weise tut – dasselbe gilt auch für Petrus, oder Johannes, für diesen oder jenen – das Ziel bzw. der Gegenstand (des Dienstes) kommt zuerst, danach der Weg bzw. die Art und Weise.

Der Dienst des Herrn, wie immer die Mittel, die Methoden sein mögen, besteht darin, der Fülle Christi zu dienen und von dieser Fülle her zu dienen, und der Ruf mag an dich ergehen, genau das irgendwo zu tun. Es kann sowohl weitab von der Öffentlichkeit geschehen als auch im Blickfeld der Öffentlichkeit. Viele, die dem Herrn gedient haben und durch die dem Herrn auf wunderbare Weise gedient wurde, waren solche, von denen die Welt weder etwas gehört noch gelesen hat. Seht ihr, das ist eine Angelegenheit des Leibes, und ein Leib besteht nicht nur aus Händen, nicht nur aus lauter hervorragenden Gliedern und Fähigkeiten. Ein Leib besteht aus zahlreichen, fast zahllosen Funktionen, von denen viele weit abgelegen und verborgen sind, doch sie alle dienen in dieser oder jener Beziehung dem ganzen Zweck, für den der Leib überhaupt existiert; und das ist ein zutreffendes Bild für den Dienst Gottes.

Denkt noch einmal darüber nach. Obwohl wir euch nicht davon abhalten möchten, nach dem bestmöglichsten Platz des Dienstes zu streben, noch sagen wollen, es sei falsch, wenn ihr ein Missionar werden möchtet, wenn ihr in der Eigenschaft eines vollzeitlichen geistlichen Dienstes in die Welt hinausziehen möchtet, so vergesst nicht, dass ihr sogar, bevor der Herr euch in dieses spezifische Werk führt, schon längst ein Diener gewesen seid. Denn «Diener» (engl. minister) ist nicht bloß ein Name, ein Titel, eine Bezeichnung, sondern eine Funktion, und diese Funktion trägt etwas zur Fülle Christi bei und gibt etwas aus dieser Fülle weiter.

So werden wir auf diese Frage zurückgeworfen: Was gebe ich von Christus weiter? Was trage ich bei zu dieser höchsten Fülle? Geht es darum, dass ich Unerlöste zu Ihm führe, dann füge ich, so zu sagen, Christus etwas hinzu. Genau das bedeutet es, und es bedeutet nur das. Ich baue Christus auf. Wenn ich die Heiligen ermahne, dann diene ich Christi und gebe von Ihm weiter. Das ist «Mein Knecht (mein Diener) ... an dem Meine Seele Wohlgefallen hat». An wem hat Gott als Seinem Diener Wohlgefallen? An denen, die Seinem Sohn dienen, und das ist der Anfang und das Ende, wie immer dies gemäß dem göttlichen Auftrag geschehen mag.

«Siehe, Mein Knecht ...» Gott macht auf den Knecht, auf den Diener aufmerksam, an dem Seine Seele Wohlgefallen hat. Der Anfang von allem Dienst in Bezug auf Gott ist der Diener selbst. Was macht einen Diener Gottes aus? Wir glauben, man werde durch akademische Schulung, durch Bibellehre, durch diese oder jene Form von Ausrüstung zum Diener Gottes: Und wir glauben, wenn wir all dies haben, wenn wir den Kurs abgeschlossen haben und alles in unserem Kopf besitzen, was man sich auf diese Weise aneignen kann, seien wir des Herrn Diener. Doch das ist nicht die Art, wie Gott die Dinge betrachtet.

In erster Linie ruht der Blick des Herrn auf dem Diener, und Er verlangt, dass Er selbst auf diesen Diener hinweisen und sagen kann: «Siehe, mein Diener». Ich weiß, in einem richtigen Sinne sollte das Werkzeug nicht im Blickfeld der Betrachtung stehen; aber nur in einem bestimmten Sinne. Was seine eigene Person betrifft, sein persönlicher Eindruck als Mensch, sein Einfluss von Natur aus, so sollte sie bei den Leuten unbemerkt bleiben. Und nur in diesem Sinne sollte er außer Sichtweite bleiben. Doch gibt es noch einen andern Sinn, in welchem er sogar sehr stark im Blickfeld stehen sollte. Wäre das nicht so, dann wären alle autobiographischen Angaben in den Briefen von Paulus im Prinzip falsch. Paulus hält sich selbst, in einem richtigen Sinne, sehr stark im Blickfeld. Er richtet die Aufmerksamkeit sehr angemessen, sehr stark und nachhaltig auf sich. Der Herr fordert, dass Er imstande sein müsse, zu sagen: «Siehe, Mein Knecht», und der Diener, auf den Er Seine Aufmerksamkeit lenkt, wird der Sein, der einen Eindruck von Christus vermittelt. Ja, Christus im Diener wahrgenommen, gegenwärtig, offensichtlich. Ich wiederhole deshalb nochmals: Der Anfang allen Dienstes ist der Diener selbst. Gott interessiert sich viel mehr dafür, dass sich Sein Knecht im richtigen Zustand befindet, als dass er ausgestattet ist mit allen möglichen akademischen Qualifikationen und Titeln. Es ist der Mann, es ist die Frau, auf die Gott sich konzentriert.

Wenn ihr den Timotheusbrief aufschlagt, dann findet ihr dort jene wunderschöne Bezeichnung für den Diener Gottes: «O Mann Gottes» (1. Tim. 6,2). Paulus appelliert mit diesen Worten an Timotheus. Und dann, von dem Studium und der Kenntnis der Schrift sprechend, benutzt er dieselbe Wendung nochmals: «damit der Mensch Gottes richtig sei, für jedes gute Werk ausgerüstet» (2. Tim. 3,17). Doch beachtet die Reihenfolge. Er sagt: «damit der Mensch Gottes ... sei, ... ausgerüstet», nicht damit er ausgerüstet sei, um so ein Mann Gottes zu werden. Der Mann Gottes existiert bereits. Nun, das ganze Studium des Wortes hat zum Zweck, ihn, der ein Mann Gottes ist, zu einem effizienten Mitarbeiter zu machen. Der Mann Gottes kommt vor all seinem Studium. Er ist es, bevor er überhaupt die Schrift kennt.

Ihr wisst, dass «Mann Gottes» jene große Bezeichnung war, die einigen der alten Propheten verliehen wurde. Bei einer Gelegenheit fand Elijah, den Gott am Bach Krith verborgen hielt, den Bach ausgetrocknet vor; da kam das Wort des Herrn zu Ihm und sagte: «Mache dich auf, geh nach Zarpath ... ich habe dort einer Witwe befohlen, dich zu versorgen» (1. Könige 17,9). Elijah ging dorthin, und ihr wisst, welche Nahrungssituation er dort vorfand. Die Frau sammelte ein paar Holzknebel, um für sich und ihren Sohn Brot zu backen und dann zu sterben. Doch das Maß Mehl ging nicht aus, der Herr blieb Seinem Wort treu. Doch bald danach geschah es, dass der Sohn jener Frau krank wurde, und die Krankheit war so schwer, dass kein Atem mehr in ihm blieb. Da ließ diese Frau einen höchst pathtetischen Appell an den Propheten ergehen. Nun holte er das Kind auf sein Zimmer und rief den Herrn an, und er erlebte, wie das Kind wieder zum Leben kam; und er gab ihn seiner Mutter lebendig wieder, die sagte: « Nun weiß ich, dass du in Wahrheit ein Mann Gottes bist, und dass das Wort des Herrn in deinem Mund der Wahrheit entspricht».

Was war die Beglaubigung für seinen Dienst? Er besaß das Geheimnis des Lebens, das über den Tod triumphiert. Er hatte Worte des Lebens, doch das Wort des Lebens ist nicht immer nur das benutzte Schriftwort. Ihr könnt das Schriftwort benutzen, ohne dass überhaupt eine Wirkung erzielt wird, oder aber ihr könnt das Schriftwort benutzen, und es hat eine mächtige Wirkung. Es kommt sehr darauf an, wer die Schrift benutzt. Es ist der Mann Gottes, der sie auf diese Weise benutzen kann und der dadurch als echter Diener Gottes bestätigt wird. Es ist die geistliche Kraft des Lebens, die in diesem Manne ist, die ihn (um Paulus’ Worte an Timotheus zu verwenden) zu einem «richtigen» Diener Gottes macht.

«Siehe, Mein Knecht».Begreift ihr den springenden Punkt? Wir sind es, du und ich, um die es dem Herrn zu tun ist. Es ist das, was wir sind; es ist unsere persönliche Kenntnis von Ihm. Wir sollen in uns das Geheimnis des Herrn haben, bei uns soll es so sein, wie es beim Herrn Jesus und bei anderen war, dass der Schlüssel zur Situation in unserer Hand ist. Wir, wie Elijah, an einem geheimen Ort verborgen, sind in Berührung mit Gott gewesen. Es gibt einen Hintergrund. Gott hatte zu Elijah gesagt: «Versteck dich»; und er bliebe lange Zeit verborgen, bevor das Wort des Herrn eintraf und ihm sagte: «Geh, zeige dich…». Jemand hat einmal bemerkt, bei einem Diener Gottes sollte es mehr verborgenes als öffentliches Leben geben. Wie wahr ist das doch!

Der Herr verwendet große Mühe darauf, sicher zu stellen, dass die verborgene Geschichte, die geistliche Geschichte, von jedem seiner wahren Diener sorgfältig gepflegt wird. Bei allem Eifer, das Werk richtig zu tun, und möge er nicht nachlassen!, bei all unserem Enthusiasmus, mit dem wir aktiv sind, bei all unserem Verlangen und Bemühen, wirklich zu dienen, sollten wir stets daran denken, dass der Diener zuerst kommt, nicht der Dienst. Das erste, der Anfang allen Dienstes, ist das Werkzeug. Wir sehen, dass der Diener zuerst ins Blickfeld des Herrn tritt, weil er einen haben möchte, auf den Er in rechter Weise Seine Aufmerksamkeit lenken und sagen kann: «Seht diesen Meinen Diener, und seht Mein Werk. Seht Meine Gnade, seht Meine Kraft, seht die Spuren Meiner Hand».







Übersetzt von
Manfred Haller
 

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