«Ihr seid meine Freunde»
von
T. Austin-Sparks
Unter den verschiedenen Titeln, mit denen
Christen im Neuen Testament bezeichnet wurden, ist wohl der
wunderbarste jener, der ihnen vom Herrn Jesus verliehen wurde -
«Ihr seid meine Freunde»:
«Grössere Liebe hat niemand als die,
dass er sein Leben hingibt für seine Freunde. Ihr seid meine
Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich nenne euch nicht
mehr Sklaven, denn der Sklave weiss nicht, was sein Herr tut;
euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich alles, was ich von
meinem Vater gehört habe, euch kundgetan habe. Ihr habt mich
nicht erwählt, sondern ich habe euch erwählt und euch dazu
bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht
bleibe» (Joh. 15,13-16).
Es ist in der Tat etwas Wunderbares und sehr
Schönes, dass der Sohn Gottes solche Leute, wie seine Jünger es
waren, und wie wir es sind, Seine Freunde nannte. Ich denke
nicht, dass es ein grossartigeres und schöneres Wort in unserer
Sprache gibt als das Wort «Freund». Es ist der intimste Titel
in all unseren menschlichen Beziehungen. Jede andere Beziehung,
an die wir überhaupt denken können, kann ohne ihn existieren.
Vielleicht glauben wir, die Ehebeziehung sei die intimste, die es
gibt, aber eine solche Beziehung kann existieren ohne
Freundschaft. Glücklich ist in der Tat der Mann, dessen Frau
seine Freundin ist, und glücklich ist die Frau, deren Mann auch
ihr Freund ist. Auch zwischen Eltern und Kindern und Kindern und
Eltern besteht eine sehr enge Beziehung, aber es ist etwas
Grosses, wenn der Vater seinen Sohn seinen Freund nennen kann,
wenn er «nicht mein Sohn», sondern «mein Freund» sagen kann.
Und wiederum ist es etwas Grosses, wenn ein Kind nicht bloss
«mein Vater», sondern «mein Freund» sagen kann: «mein Vater
ist mein Freund« - «meine Mutter ist meine Freundin». Es ist
etwas Zusätzliches in einer Beziehung. Vielleicht bewundern wir
eine bestimmte Person und bringen vieles mit ihr in Verbindung:
Wir mögen glauben, sie zu kennen und seien imstande, zu sagen:
«Nun, ich kenne So-und-so sehr gut», und dennoch braucht es
noch keine Freundschaft zu sein. Freundschaft ist gerade jenes
Extra, das hinzukommt.
Als Jesus sagte: «Ihr seid meine Freunde»,
ging er weit über das «ihr seid meine Jünger» und «ihr seid
meine Nachfolger» hinaus. Er hätte sie mit vielen andern Namen
bezeichnen können, doch als er sagte: «Ihr seid meine
Freunde», ging er weit über alle andern hinaus. Und ich glaube,
der Herr Jesus fand gerade in diesem Wort die tiefste
Befriedigung seines Herzens. Zu sagen «Ihr seid meine Freunde»
bedeutete, so weit zu gehen, wie überhaupt irgend jemand zu
gehen imstande ist. Tatsächlich gibt es nichts darüber hinaus.
Ihr erreicht das Ende aller Beziehungen, wenn ihr es zu einer
wirklichen Freundschaft bringt. Wie reich und kostbar also ist
doch dieser Titel!
Im Bild vom neuen Jerusalem, das wir am Ende
der Bibel vorfinden, heisst es: «Die Grundsteine der Mauer waren
mit jeder Art Edelstein geschmückt» (Offenb. 21,19). Das
Fundament dieser Stadt war etwas sehr Kostbares, und ich meine,
das kostbarste Fundament eines Lebens ist Freundschaft. Das Neue
Jerusalem selbst wird auf dem Fundament der Freundschaft zwischen
dem Herrn Jesus und den Seinen gebaut.
Nun, das ist etwas Weniges zum Thema Freundschaft.
Was aber ist die Natur einer Freundschaft? Diese haben wir hier
in Johannes 15: «Ich nenne euch nicht mehr Sklaven, denn der
Sklave weiss nicht, was sein Herr tut; euch aber habe ich Freunde
genannt, weil ich alles, was ich von meinem Vater gehört, euch
kundgetan habe». Freundschaft ist die Stellung, die es möglich
macht, das Herz völlig zu öffnen, so dass wir nichts mehr
zurückhalten; aber auch ein solches Vertrauen zu besitzen, dass
du einer andern Person mit allem, was in deinem Herzen ist,
trauen kannst. Jesus sagte: «Alles, was der Vater mir gezeigt
hat, habe ich euch gezeigt. Ich habe euch nichts vorenthalten.
Ich habe vollkommenes Vertrauen in euch gesetzt. Ich habe euch
gegenüber kein Misstrauen empfunden und ich habe mich nicht
gescheut, alles zu sagen, was in meinem Herzen ist.
Seht ihr, das ist äusserst wunderbar.
Blättert in diesem Evangelium von Johannes zurück, und ihr
findet im Kapitel zwei folgendes: «Als Er aber zu Jerusalem war,
am Passah, auf dem Fest, glaubten viele an Seinen Namen, als sie
Seine Zeichen sahen, die Er tat. Jesus selbst aber vertraute sich
ihnen nicht an, weil Er alle kannte und nicht nötig hatte, dass
jemand Zeugnis gebe von dem Menschen; denn Er selbst wusste, was
in dem Menschen war». (Joh. 2,23-25).
Jesus kannte alle Menschen, und gerade
deshalb vertraute Er sich ihnen nicht an... «Es war aber ein
Mensch aus den Pharisäern mit Namen Nikodemus» (Joh. 3,1), und
was dann folgt, zeigt, dass Jesus Nikodemus kannte, sich ihm
jedoch nicht anvertraute. Nikodemus befand sich nicht in der
Stellung eines Freundes, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.
Inwieweit er dies am Ende war, wissen wir nicht. Jedenfalls
handelte er beim Begräbnis Jesu wie ein Freund, denn zu diesem
Zeitpunkt war etwas mit ihm geschehen. Hier jedoch, am Anfang,
befand er sich unter jenen Menschen, denen Jesus sich nicht
anvertrauen konnte. Im Grunde sagte Er einfach: «Bevor ich mich
dir anvertrauen kann, musst du von neuem geboren werden».
Das ist der Anfang dieser Freundschaft. Ja,
Jesus hat uns mitgeteilt, dass die wahre Natur einer Freundschaft
darin besteht, dass er sich seinen Freunden anvertrauen kann.
Vieles sagte er zu andern Menschen, aber Er gab sich nicht in
ihre Hände. Und das macht den ganzen Unterschied aus. Ihr könnt
eine Menge Gemeinschaft haben, eine Menge Dinge sagen, und es
mögen völlig wahre Dinge sein, aber das bedeutet noch lange
nicht, dass wir uns in die Hände dieser Leute
geben. Es besteht ein grundlegender Unterschied zwischen
Gespräch und Gemeinschaft und Verpflichtung.
Freundschaft bedeutet, dass ihr euch gegenseitig verpflichtet
habt ihr habt euch wirklich in die Hände der andern
Person gelegt. Das ist es, was Jesus sagte, was wahre
Freundschaft bedeutet: «Alles, was ich von meinem Vater gehört
habe, habe ich euch kundgetan». Was euch betrifft, so hatte ich
keinerlei Vorbehalte.
Ich bin sicher, ihr merkt, dass dies etwas
Wunderbares ist, und vielleicht wundert ihr euch mehr und mehr,
je mehr wir weiterschreiten. Überlegt doch einmal, dass der Sohn
Gottes so etwas tun sollte dass Er bereit sein sollte,
sich selbst andern Leuten anzuvertrauen!
Und das waren nicht etwa leere Worte. Er
ging weiter und bewies seine Freundschaft. Welches ist der Beweis
für echte Freundschaft? Nun, selbstverständlich ist es zuerst
das, dass wir uns selbst einander anvertrauen.
Aber dann sagte Jesus dies: «Grössere
Liebe hat niemand als die, dass er sein Leben hingibt für seine
Freunde» (Joh. 15,13). Das ist der Beweis für echte
Freundschaft. Wie viel seid ihr bereit zu opfern, zu leiden und
auf euch zu nehmen? «Dass er sein Leben hingibt für seine
Freunde». Nun denkt ihr natürlich nur an eines irgendwie
für seine Freunde zu sterben. Doch gibt es tausend Arten, wie
man sein Leben für seine Freunde hingeben kann. Es geht darum,
dass wir unser Leben ständig hingeben nicht
bloss um eine einzelne blosse Tat, indem wir tatsächlich für
unsere Freunde sterben. Es geht darum, jeden Tag unser Leben
hinzugeben, etwas von uns selbst loszulassen, irgend ein
persönliches Interesse aufzugeben und einfach zu sagen: «Das
geht in Ordnung ich tu es für meinen Freund. Es ist nicht
so wichtig es ist für meinen Freund». Freundschaft
lässt alles andere unwichtig werden. Wo echte Freundschaft
vorliegt, versteifen wir uns nicht darauf, zu sagen: «Nun, muss
ich das denn tun? Bin ich wirklich verpflichtet, es zu tun? Kann
ich mich da nicht irgendwie heraushalten? Bringt es mir nicht
irgendwelchen Kummer, wenn ich es tue?»
Nicht wahr, das ist doch die Einstellung
einer grossen Zahl von Christen. «Warum sollte ich es nicht tun?
Bringt es mir Schaden ein? Viele andere Leute tun es, warum
sollte ich es nicht tun? Ich kenne sogar Christen, die es tun.
Darf ich es wirklich nicht tun?» Angenommen, der Herr Jesus
hätte diese Haltung eingenommen! Nein, Freundschaft räumt mit
all diesen Dingen auf und sie redet nie so: «Muss ich es denn
tun? Gibt es nicht einen anderen Weg?» Das bedeutet es, sein
Leben für einen Freund hinzugeben.
Ich sage also, dass es viele Arten gibt,
unser Leben hinzugeben. Was heisst es, unserLeben hinzugeben? Es
ist einfach dies, dass nichts zu kostbar und zu wichtig ist, dass
es uns von unserem Freund fernhalten könnte. Es spielt keine
Rolle, was es kostet, oder wie schmerzlich es ist die
Freundschaft macht es möglich.
Wir haben die grosse Illustration in der
Bibel. Es gibt in der ganzen Bibel nur einen Menschen, der Freund
Gottes genannt wurde:«Abraham ... Freund Gottes» (Jak. 2,23).
Was für eine wunderbare Sache ist es, wenn dies von irgend
einem Men-schen gesagt werden kann - «Abraham, mein Freund»
sagte Gott (Jes. 41,8). Gott spricht hier von einem Menschen, und
er sagt: «Mein Freund». Wie konnte Gott Abraham Seinen Freund
nennen? Was machte aus Abraham einen Freund Gottes? «Nimm deinen
Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast ... und opfere ihn» (1.
Mose 22,2). Was sagte Abraham darauf? «Du verlangst zu viel,
Isaak ist zu kostbar. Er bedeutet mir alles! O nein, Ich kann ihn
doch nicht opfern!?» Nein, Abraham redete nicht so. Ich denke,
es ist äusserst wunderbar, wenn es heisst: «Da machte sich
Abraham früh am Morgen auf, sattelte seinen Esel und nahm seine
beiden Knechte mit sich und seinen Sohn Isaak. Er spaltete Holz
zum Brandopfer» (1. Mose 22,3). Ich wage anzunehmen, dass ihr,
würdet ihr mit einer solchen Sache konfrontiert, an jenem Morgen
nicht so früh aufgestanden wärt! Ihr wärt so lange wie
möglich im Bett geblieben und hättet es so lange wie möglich
hinausgezögert. Doch hier steht: «Abraham machte sich früh
am Morgen auf .» Was stand er im Begriff zu tun? Er war auf
direktem Weg mitten ins Herz Gottes, indem er seinen eingeborenen
Sohn hergab, um so mitten in die Gemeinschaft mit der
Leidenschaft des Herzens Gottes einzutreten. «So hat Gott die
Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab».
Aufgrund dieser Tat war Abraham Gottes
Freund. Er war mitten ins Herz Gottes eingedrungen und
betrachtete nichts als zu kostbar für die Freundschaft mit Gott.
«Eine grössere Liebe hat niemand als die,
dass einer sein Leben für seine Freunde hingibt», und indem
Abraham Isaak opferte, gab er tatsächlich sein Leben hin.
«Abraham, mein Freund». Das ist die Natur der Freundschaft. Und
Jesus bewies seine Freundschaft. Dies ist der Beweis Er
gab Sein Leben hin.
Dann aber stellen wir noch eine andere
Frage: Welches ist das Fundament dieser Freundschaft? Jesus
wusste, was in naher Zukunft geschehen würde, denn der Tag stand
nahe bevor, an dem sie Ihn alle verlassen sollten, und doch, auch
wenn Er dies alles wusste, sagte Er: «Ihr seid meine Freunde».
Es muss ein Fundament vorhanden sein, das mehr ist als bloss
diese gegenwärtige Zeit. Jesus blickte über das Kreuz hinaus,
und Er sah, dass die Zeit kommen würde, da diese Männer fest
auf dem Grund des Kreuzes stehen werden. Jetzt haben wir die
volle Geschichte. O ja, nicht lange danach liessen sie alles in
dieser Welt fahren, um für Ihn überall hin zu gehen. Das Kreuz
war in der Tat in ihr Herz eingedrungen. Der Geist des Kreuzes
hatte wahrhaftig Besitz von ihnen ergriffen, und sie standen fest
auf diesem Grund. Und Jesus wusste, dass es genau so sein würde.
Er wusste, was in den nächsten paar Tagen geschehen würde, aber
er redete mit ihnen immer von dem, was nachher sein
würde, dass menschliches Versagen nicht das Letzte sein und
nicht das Ende von allem sein würde. Zu jenem armseligen
Versager Petrus sagte Er: «Und wenn du einst zurückgekehrt
bist, so stärke deine Brüder» (Lk. 22,32). «Du wirst zwar
fürchterlich abstürzen, aber das wird nicht das Ende sein. Du
wirst umkehren, und danach wirst du einen grossen Dienst
ausrichten».
Jesus blickte stets über das Kreuz hinaus,
und Er erkannte, dass diese Männer auf dem Grund des Kreuzes
stehen würden. Das Kreuz bedeutet, dass du nichts für dich
selbst behältst, sondern nur für deinen Freund, und das traf
auf diese Männer zu.
Aber Jesus sah auch noch etwas anderes. Er
wusste, dass sie in Kürze den Heiligen Geist empfangen, und dass
sie von Ihm regiert würden. Und wenn der Heilige Geist wirklich
von euch Besitz ergreift, dann kann man euch vertrauen. Diesen
Männern konnte man ohne den Heiligen Geist kein Vertrauen
schenken, aber als Er herein kam, dann konnte man sich auf sie
verlassen. Sie würden sich nicht von persön-lichen Interessen
beherrschen lassen, auch würden sie keine fleischlichen
Überle-gungen hegen, denn sie würden durch den Geist und nicht
durch das Fleisch leben. Und Jesus sagte: «Auf dieser Grundlage
seid ihr Meine Freunde, und jener Tag wird sein, als wäre es
jetzt. Ihr seid Meine Freunde, weil ich weiss, weil ihr, Männer,
auf dem Grund des Kreuzes stehen werdet, und weil ihr euch durch
den Geist leiten lassen werdet.
Seht ihr, das ist die Basis wahrer
Freundschaft. Wenn wir auf unserem eigenen, natürlichen Grund
leben, dann wird sich der Herr nie auf uns verlassen können,
doch hat das Kreuz sein tiefes Werk in unseren Herzen getan, und
wenn wir wirklich vom Heiligen Geist regiert werden, hat der Herr
allen Grund, den Er benötigt, um Sich selbst uns anzuvertrauen,
alles, was Er benötigt, um sagen zu können: «Ihr seid Meine
Freunde».
Ich glaube, da ist eines, das der Herr Jesus
über elf dieser Männer wusste. In der Tat, sie waren Männer
mit vielen Schwachheiten und vielen Fehlern. Oft sagten sie das
Falsche, und oft taten sie auch das Falsche, aber Jesus wusste,
dass Er ihr Herz hatte. Trotz allem hatte Er ihr Herz gefangen
genommen. Sie hatten ein Herz für Ihn. Sie mögen Fehler gemacht
haben, und Er wusste alles darüber, doch Er wusste, dass sie Ihm
ihr Herz geschenkt hatten. Sie hatten ein Herz für den Herrn,
und das ist die Grundlage für Seine Freundschaft. Er sagt:
«Habe ich wirklich euer ganzes Herz bekommen? Ich weiss über
eure Schwachheiten und Fehler, doch in Wahrheit: Ist euer ganzes
Herz auf Meiner Seite?»
Judas gab sein Herz nie dem Herrn. Er hatte
ein Herz für sich selbst und für irdischen Gewinn. Jesus konnte
nie zu ihm sagen: «Du bist Mein Freund», hingegen nannte Er ihn
«Sohn des Verderbens» (Joh. 27,12). Doch bei diesen Elf war er
sich ganz sicher, wo sich ihre Herzen befanden. Er sah sogar
voraus, was geschehen würde, wenn Er vor Gericht gestellt und
gekreuzigt würde, aber Er sagte ihnen, was sie tun sollen und wo
sie Ihn danach treffen würden. Er wusste, dass sie
durchkom-men würden, weil sie ein Herz für Ihn hatten. Ihr
braucht euch diese Leute bloss anzusehen, als Jesus gekreuzigt
und ins Grab gelegt worden war. Wie traurig waren sie! Es war,
als hätten sie alles in ihrem Leben verloren, Und sie hatten
tatsächlich alles verloren, ganz einfach deshalb, weil sie
ihr Herz dem Herrn Jesus geschenkt hatten. Das ist die Grundlage
für Seine Freundschaft.
Genau in diesen Dingen ist es deshalb so,
dass der Herr imstande ist, uns zu vertrauen und sich selbst uns
gegenüber zu verpflichten. Es ist die Art von Beziehung, die der
Herr sich mehr als alles andere wünscht. So oft bricht eine
Freundschaft zusammen, weil irgend ein natürliches Interesse
auftaucht, die Frage vielleicht, was für eine Wirkung etwas auf
uns haben würde, statt wie es wohl Ihn treffen wird.
Dies ist eine sehr grosse Herausforderung an
unsere Herzen, und es ist eine Lektion, die wir alle lernen
müssen. Ich habe sie zu lernen, und ich versuche es auch. Und
ihr müsst sie ebenso lernen dass das Wichtigste in
unserem ganzen Leben die Frage ist, wie unser Verhalten wohl auf
den Herrn Jesus wirken wird; wie unsere Erschei-nung vor der Welt
auf den Herrn Jesus wirken wird; wie Unterschiede zwischen uns
auf den Herrn Jesus wirken werden. Ja, wie wirklich alles auf den
Herrn Jesus wirken wird. Wisst ihr, das ist das wahre Wesen der
Freundschaft. Echte Freundschaft wird immer von diesem einen
beherrscht: «Ich würde nichts tun, um meinen Freund zu
verletzen. Dies wäre das letzte, was ich je tun möchte!» Und
Jesus möchte unser Leben auf diese Grundlage stellen. Er wird
nie irgend etwas tun, das uns verletzen könnte, aber wie oft
verletzen wir doch Ihn! Wir müssen alles vor die
Gerichtsschran-ken der Freundschaft bringen.
Das grösste Charakteristikum wahrer
Freundschaft ist Loyalität. Ich glaube nicht, dass es eine
grössere oder grossartigere Tugend gibt als die Loyalität. Ihr
mögt vielleicht euren besten Freund nicht immer verstehen;
möglicherweise tut er oder sie Dinge, die ihr gar nicht
verstehen könnt, Dinge, über die ihr im Augenblick nicht sehr
glücklich seid, doch wenn es eine echte Freundschaft ist, steht
ihr loyal zu eurem Freund, ob ihr ihn versteht oder nicht. Ihr
werdet euren Freund nicht verraten und auch nicht zu seinem
Schaden über ihn reden, noch irgend etwas tun, das ihn verletzen
würde. Ihr werdet immer loyal sein. Treue ist das Herz der
Freundschaft, und das ist die Haltung des Herrn Jesus.
Aber der Herr möchte Seine Jünger auf
dieselbe Grundlage stellen. Er möchte, dass zwischen den Seinen
dieser Geist und diese Natur der Freundschaft existiert. Er
möchte, dass sie denselben Geist haben, der auch in Ihm ist, und
dass sie Freunde von einander sind. Wir mögen sagen: «Ja, er
oder sie ist mein Mitchrist». Als Christen reden wir von
einander als von unseren Brüdern und Schwestern, aber ich habe
gesagt, dass es etwas gibt, das mehr ist als das, mehr als
Mitchristen, und mehr als Brüder und Schwestern. Ich nehme an,
dass ich es nicht in den christlichen Bereich stellen und sagen
muss: mehr als Väter und Mütter, doch ist die Bedeutung
dieselbe. Es handelt sich ganz einfach um dieses Extra - «Er ist
mehr als mein Bruder, er ist mein Freund». «Sie ist mehr als
meine Schwester, sie ist meine Freundin». O, möchte doch der
Herr imstande sein, diese Art von Beziehung zu gewinnen!
Möchte Er doch dieses Wort tief in unsere
Herzen hineinschreiben und uns an die Orte zurückschicken, wohin
wir zurückkehren werden, mit einem Herzen, das ganz für Ihn
schlägt! Dass wir nichts zurückhalten, sondern uns völlig an
Ihn hingeben, dass Er uns vollständig besitzt, und dass wir,
durch Seine Gnade, nie etwas tun werden, was Ihn verletzen
könnte. Möchten wir doch bei allem die Frage stellen: «Wie
wird das auf meinen Herrn wirken?» Ihr seht, Freundschaft hat
zwei Seiten. Sie ist nichts Einseitiges. Das ist keine
Freundschaft, wenn alle Freundlichkeiten von mir kommen und
nichts von dir. Nein, sie besteht aus zwei Seiten. Wir müssen
Ihm das sein, was Er für uns ist, und wir müssen für einander
das sein, was Er für uns ist.
Nun, dies wird etwas sehr Schwieriges sein,
aber denkt an das Kreuz und an den Heiligen Geist. Sie sind die
beiden grossen Kräfte, die das möglich machen. Das Kreuz ist
nicht nur die Kreuzigung Christi vor vielen Jahren; es ist eine
gewaltige Kraft im Leben von Tag zu Tag. Der Heilige Geist ist
nicht jemand, der vor vielen Jahren an Pfingsten gekommen ist. Er
ist heute hier und kann in uns sein, und wenn Er wirklich die
Kontrolle über unser Leben besitzt, dann wird das eine, das uns
am meisten beschäftigen wird, die Frage sein: «Wie wirkt mein
Leben auf den Herrn Jesus?»
Nehmt diese Botschaft mit euch und sucht die
vor uns liegenden Tage mit ihr zu leben.
Aus: «A Witness and a Testimony» März
April 1969
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