Die Schlact um das Leben
von
T. Austin-Sparks
Kapitel 3 - Das Kreuz in Beziehung zum Leben
Schriftlesung: 5. Mose
30,11-20; Hebr. 2,14-15; Offenb. 1,18; Phil. 3,10.
Was wir nun vor uns haben, ist die Beziehung
zwischen dem Kreuz und der Manifestierung des Lebens. Es ist sehr
wichtig, dass wir uns klar werden darüber, was diese Beziehung
ist. Eines ist sicher: Leben in diesem göttlichen Sinne, in
diesem geistlichen Sinne, dieses Leben, das ewiges Leben genannt
wird, kann man nur als das Ergebnis des Kreuzes Jesu Christi
erhalten. Aufgrund Seines Todes und durch Seine Auferstehung wird
dieses ewige Leben dem gegeben, der glaubt. Manchmal sprechen wir
davon als vom einfachen Glauben an das sühnende Werk des Herrn
Jesus. Beim Empfang dieses Lebens empfindet man vielleicht keinen
Kampf, keinen Konflikt; vielleicht weiß man überhaupt nichts
von jenem volleren Bereich, wo der Kampf um das Leben
stattfindet. Der Grund liegt darin, dass in der Sache der Gabe
des ewigen Lebens der Herr Jesus Selbst am Kreuz den Kampf
ausgefochten hat, und wir die freie Gabe im Glauben durch die
Annahme dessen empfangen, was Er getan hat, damit wir das Leben
empfangen sollten.
Das ist der eine Aspekt des Kreuzes in Bezug
auf die Sache des Lebens. Das heißt: durch die objektive
Aneignung des Kreuzes empfangen wir ewiges Leben. Alles, was der
Herr Jesus für uns in Seinem Kreuz tat, damit wir vom Tod ins
Leben übergehen konnten, hat zum Ergebnis, wenn wir es uns durch
Glauben aneignen und es akzeptieren, dass wir das Leben
empfangen.
Aber, da ist noch eine andere Seite. Wenn
das Kreuz Jesu Christi subjektiv zur Auswirkung kommt, hat das
zur Folge, dass wir überfließendes Leben empfangen. Dies sind
Seine eigenen Worte: «Ich bin gekommen, damit sie Leben haben
und es im Überfluss haben» (Joh. 10,10). Ich glaube,
dass die erste Hälfte dieses Satzes sich darauf bezieht, dass
wir uns das objektive Werk des Kreuzes durch schlichten Glauben
aneignen - alles das, was Er für uns getan hat; dass aber die
zweite Hälfte uns weiterführt. Überströmendes Leben setzt
voraus, dass das, was Er für uns getan hat, in uns zur
Auswirkung kommt. Vielleicht sagen wir es so: An Seinem Kreuz
verfuhr Er mit unseren Sünden, und aufgrund Seines Verfahrens
mit der Sünde, und weil wir an Sein sühnendes Werk für unsere
Sünden glauben, empfangen wir die Gabe des ewigen Lebens. Er
verfuhr auch mit uns selbst, aber das muss schrittweise
verwirklicht werden, und wenn wir in der Kraft des Kreuzes
behandelt werden, wird der Weg für dieses Leben frei, so dass es
sich in immer tieferer Fülle zum Ausdruck bringen kann. Tatsache
ist, dass es das Ich (bzw. Selbst) ist, das dem Leben und seinem
vollen Ausdruck im Wege steht. Es ist das natürliche Leben, das
den Fluss des göttlichen Lebens hindert. So muss also das, was
für uns getan wurde, in uns getan werden, und während es in uns
getan wird, wird dieses Leben mehr als nur eine Gabe, mehr als
ein bloßer, wenn auch herrlicher, Besitz; es wird zu einem immer
tiefer werdenden, immer wachsenden Genuss, es gelangt zu einer
Fülle des Ausdrucks.
Ein Zustand der Unordnung in der Schöpfung
Wir wollen versuchen, die Position zu
umreißen. Zunächst einmal existiert in der Schöpfung ein
Zustand der Unordnung, mit dem sich Gott nie verbunden hat. Das
können wir alle verstehen. Da ist nichts Tiefgründiges dabei,
außer, dass die Tatsache plötzlich über uns hereinbricht und
wir erkennen, dass es diesen Zustand der Unordnung gibt und dass
wir Teil davon sind, und dass Gott nichts damit zu tun hat,
überhaupt nicht mit der Schöpfung in diesem Zustand. Sie
entspricht nicht Seinem Sinn. Sie hat aufgehört, Seine Gedanken
zum Ausdruck zu bringen. Sie widerspricht Seiner Absicht, und
deshalb hat Er nichts damit zu tun.
Tod und Satan positiv mit diesem Zustand
verbunden
Zweitens existiert eine positive Verbindung
von Tod und Satan mit diesem Zustand. Die Schöpfung ist nicht
bloß eine passive Masse, in Verwirrung, in Chaos und Unordnung.
Es befinden sich aktive Elemente in ihr. Wir könnten sagen, es
sei eine siedende Masse. Es sind in ihr Mächte am Werke, und
diese Mächte sind nicht Mächte des Lebens, es sind
Todesmächte. Der Tod ist wirksam, und Satan ist mit diesem
Zustand verbündet.
Eine Notwendigkeit ergibt sich
Drittens sehen wir, dass sich eine
Notwendigkeit ergibt, eine Notwendigkeit in verschiedener
Hinsicht. Zuallererst muss dies Schöpfung juristisch beiseite
gesetzt werden. Damit meinen wir, dass ein Urteil über sie
gefällt werden muss, und dass sie unter diesem Urteil aus den
Augen Gottes beseitigt werden muss. Sie muss an den Ort gelangen,
wo sie vollständig unter den göttlichen Bann gerät, wo nicht
ein einziges Teilstück von ihr von Ihm angenommen werden kann;
das heißt, es muss gerecht mit ihr verfahren werden, und sie
muss gerichtlich beseitigt werden. Dies ist notwendig, und es ist
die Voraussetzung für alles, was Gott hinsichtlich einer neuen
Ordnung tun will. Gott ist genauso am Kreuz Christi mit der
Schöpfung verfahren.
Zweitens muss eine tatsächliche und
potentielle Zerstörung der Macht des Todes und Satans
stattfinden. Wir wollen unsere Worte genau abwägen - eine
tatsächliche und eine potentielle Zerstörung jener Macht des
Todes und Satans. Nun, Gott tat dies tatsächlich in der Person
des Herrn Jesus getan. Er vernichtete den Tod und den, der die
Macht des Todes hatte, das heißt: den Teufel. In Christus ist
dies tatsächlich geschehen. Christus zur Rechten Gottes stellt
dar und deklariert, dass dies vollbracht worden ist. Der Tod ist
siegreich verschlungen worden. Auch Satan wurde vernichtet. Das
Wort «vernichtet», oder zunichte gemacht, wie es in den
Übersetzungen vorkommt, bedeutet nicht das, was gewisse Leute
darunter verstehen. Manchmal, wenn wir von vernichten sprechen,
meinen wir ein vollständiges Auslöschen, ein Beseitigen bis zur
Nichtexistenz.
Aber dieses Wort bedeutet nicht das. Nach
Gottes Absicht bedeutet zunichte machen ein völliges
«Unwirksammachen». Vergesst nicht: Was den Herrn Jesus zur
Rechten Gottes betrifft, ist Satan unwirksam gemacht worden. Er
kann Ihn nicht Persönlich berühren, und Er weiß es. Die
einzige Weise, auf die er sich an den Herrn heranmachen kann, ist
durch Seine Glieder. Satan hat keine Möglichkeit, Christus
direkt mit Tod oder mit irgend einer andern Waffe zu treffen.
Durch Tod hat Er den zunichte gemacht, der die Macht des Todes
hatte, den Teufel. Dies wurde in Christus vollbracht.
Wir haben oben noch ein anderes Wort
verwendet - potentiell. Dieses «potentiell zunichte machen» von
Tod und Satan geschah im Blick auf die Gläubigen. Es ist für
uns gesichert, und obwohl wir noch nicht völlig in die Erfahrung
dieser Tatsache eingetreten sind, können wir sie durch Glauben
realisieren und sie schrittweise kennen lernen. Wir können nicht
behaupten, dass im Augenblick der Tod und Satan absolut keine
Macht mehr haben. Was uns betrifft, ist es noch nicht effektive
Tatsache, dass Satan unwirksam geworden ist. Aber es wurde für
uns potentiell in Christus vollbracht, damit wir solche werden,
die mehr und mehr erfahren, was Christus für uns gewirkt hat,
und die auch schrittweise in den Genuss dieses Werkes gelangen,
das potentiell für uns geschehen ist. Wir sehen also: In
Christus ist die Vernichtung tatsächlich geschehen; in den
Gläubigen ist sie potentiell vorhanden.
Drittens: Es ist wichtig, dass eine
lebendige Repräsentation der göttlichen Ordnung stattfinden
sollte, die todlos und siegreich ist über Satan, als ein Muster,
dem die Gläubigen gleich gestaltet werden sollten. Dies ist eine
Notwendigkeit, und sie wurde in Christus verwirklicht. Er ist die
Repräsentation der neuen Schöpfung, der göttlichen Ordnung,
der wir gleichförmig werden sollen, die todlos und siegreich ist
über Satan. Gott muss auf ein Ziel, auf ein Muster, auf ein
Modell hinarbeiten, und dieses Muster ist für Ihn Christus. Er
wirkt in den Heiligen daraufhin, sie Christus gleichförmig zu
machen, was auch Gleichförmigkeit mit der göttlichen Ordnung
bedeutet, die durch Christus repräsentiert wird. Denn wir
dürfen nicht vergessen, dass Christus die Totalsumme einer
göttlichen Ordnung ist. So oft kann das Volk Gottes dies nicht
erkennen. Zuallererst müssen wir natürlich einsehen, dass Er
eine Person ist. Vor allem andern ist Er die göttliche Person,
aber Er ist in Sich Selbst auch die Totalsumme einer göttlichen
und himmlischen Ordnung. Wenn die ehemalige Stiftshütte oder der
ehemalige Tempel ein ganzes System von Dingen ausdrückten - ein
reguliertes, geordnetes, eingesetztes, funktionierendes,
aufeinander bezogenes System; ein wunderbares System - bitte
erschreckt nicht vor diesem Wort System; wenn man es in den
richtigen Zusammenhang stellt, ist es ein gutes Wort - wenn also
der Tempel oder die Stiftshütte dies repräsentierten, dann
waren sie nur Vorbilder auf Christus. Christus ist der Priester;
Christus ist der Altar; Christus ist das Opfer; Christus ist die
feine Leinwand; Christus ist das Gold; Christus ist die
vollkommene Menschheit; Christus ist alles, und Christus ist die
Ordnung des Ganzen. 'Alles geschehe anständig und in Ordnung,
sagt der Apostel. Es ist eine systematische Anordnung, himmlisch
geplant und eingesetzt.
Wenn wir in Christus hineinkommen, so ist es
einerseits wahr, dass wir in die göttliche Person hineinkommen;
aber wir müssen auch unseren Platz in der göttlichen Ordnung
finden, und in Christus zu sein erfordert, dass wir eine richtige
Beziehung auch zueinander haben; eine Bestimmung, ein
Funktionieren, in jeder Hinsicht aufeinander bezogen. Es ist ein
wunderbares göttliches System. Der Tod und Satan haben dann eine
Gelegenheit, wenn dieses System nicht anerkannt und beobachtet
wird. Es ist ganz leicht für den Tod, eine Gelegenheit zu finden
unter dem Volk Gottes, wenn unter ihnen Unordnung herrscht, wenn
sie nicht Christus gleichförmig geworden sind in dem Sinne, dass
Er Sich durch sie in einem geordneten, himmlischen System zum
Ausdruck bringen kann. Gewiss, das Neue Testament donnert eher
darüber, als dass es davon spricht. Wenn die korinthische
Gemeine ein Beispiel für ein schwaches Zeugnis ist, und das ist
sie bestimmt, dann ist der Grund dafür nicht weit zu suchen. Es
handelte sich um eine Unordnung unter den Gläubigen.
So muss Gott diese Repräsentation Seiner
göttlichen Ordnung haben, die todlos ist und siegreich über
Satan, und ihr müssen die Gläubigen entsprechen. Dies ist
Gleichförmigkeit mit dem Bilde Seines Sohnes, unseres Herrn
Jesus Christus.
Viertens ist eine lebendige Einheit mit ihm
grundlegend, und ein Leben, das äußerst und ständig im
Heiligen Geist gelebt wird. Wir alle akzeptieren den ersten
wesentlichen Punkt: eine grundlegende, lebendige Einheit (union)
mit Ihm - aber, was ebenso wichtig ist, wenn ein voller Ausdruck
des Lebens vorhanden sein soll, ist, dass ein Leben gelebt werden
muss, das vollständig und allezeit im Heiligen Geist ist. Ein
Leben im Heiligen Geist ist das göttliche Gegenstück zu jenem
andern Leben im Tod und unter der Macht Satans. Dieses andere
Leben ist in Unordnung, und Gott hat damit nichts zu tun.
Das ist der erste Zustand: ein Leben im Tod,
unter der Macht Satans, in Unordnung; ungeheuer aktiv, energisch,
und doch ist Gott nicht darin. Es kann sogar in religiöser
Hinsicht aktiv sein, und doch ist Gott nicht darin. Manchmal
frage ich mich, ob die Religion nicht der größte Feind Gottes
ist in dieser Welt. Es tönt schrecklich, wenn man so etwas sagt,
aber es ist mir ernst, wenn ich diese Frage aufwerfe. Die
Religion scheint mehr Leute in eine Position zu versetzen, wo es
Gott sozusagen am aller schwierigsten hat, sie durch den Heiligen
Geist zu erreichen, als alles andere, weil sie sie in eine
falsche Position bringt. Dem gegenüber stellt Gott diese neue
Ordnung hin, die aufs äußerste unter dem Heiligen Geist steht.
Was ist damit gemeint, dass sie aufs äußerste unter der
Regierung des Heiligen Geistes steht? Es bedeutet, dass alles dem
Heiligen Geist unterworfen ist. Ihr und ich werden deutlich
erkennen, umfassend erkennen, dass, wenn wir auf irgend eine
Weise handeln, Überlegungen anstellen, Funktionen ausüben, ohne
dass unser Leben vollständig dem Heiligen Geist verpflichtet und
von Ihm beherrscht wird, wir uns höchstwahrscheinlich außerhalb
des Bereiches Gottes bewegen; und das Ende davon ist Tod. Wir
mögen dabei die beste Absicht verfolgen. Unsere Motive mögen
völlig in Ordnung sein. Wir mögen eine Sache sogar für den
Herrn tun; aber es werden eine Unmenge Dinge für den Herrn
getan, die nicht im Heiligen Geist getan werden. Es gibt einen
ganzen Berg von Aktivitäten, die aus den reinsten Motiven für
die Interessen des Herrn geschehen, aber es sind nicht die
Aktivitäten des Heiligen Geistes. Ich glaube, dass der Herr
großzügig und gnädig ist, und weil es aus Unwissenheit
geschieht, ist Er geduldig mit uns und versucht, uns auf bessere
Wege zu führen. Der falsch eingeschlagene Weg mag auf einen
Mangel an Licht zurückzuführen sein, und da volleres Licht im
Augenblick nicht vorhanden ist, bis es selbst hereinbricht,
lässt es der Herr zu und gibt so viel Segen, als Er geben kann.
Aber das heißt nicht, dass auf die Dauer all die vergangene
Aktivität mit Annahme rechnen kann und als Beweis angesehen
wird, das sie zur Erfüllung von göttlichen Zielen geschehen
sind. An einem bestimmten Punkt wird das Ganze zusammenbrechen,
und auch diejenigen, die darein verwickelt sind, werden einen
Zusammenbruch erleiden, und sie werden sich eingestehen müssen,
dass ein großer Prozentsatz von all dem Werk für den Herrn
nicht gezählt hat; je früher wir zu dieser Erkenntnis gelangen,
desto besser.
Das Kreuz die umfassende Antwort
All das wird im Kreuz zusammengefasst. Das
Kreuz sagt ganz einfach, dass eine bestimmte Ordnung
selbst wenn es eine religiöse Ordnung ist, gut motiviert, wohl
beabsichtigt, und dennoch eine Ordnung, die vom Menschen in
seinem natürlichen Zustand hervorgegangen ist auch wenn
sie sich nicht unbedingt in bewusster Rebellion gegen Gott
befindet, sondern lediglich einen Ausdruck für den natürlichen
Zustand des Menschen darstellt das Kreuz sagt, dass diese
ganze Ordnung beiseite gesetzt worden ist. Gott hat sie
gerichtlich verurteilt und sie unter den Bann getan. Im Kreuz des
Herrn Jesus hat Gott endgültig gesagt: Ihr in eurem natürlichen
Zustand könnt mir nicht dienen, und ihr könnt keine Frucht zu
meiner Herrlichkeit bringen! Es ist möglich, dass ihr
hinauszieht und arbeitet, euch abmüht und sogar vor lauter
Anstrengung beim Versuch, Mir zu dienen, sterbt, und dennoch
bleibt es wahr, dass ihr von euch aus, mit irgend welchen
natürlichen Mitteln, für Mich keine Frucht bringen könnt. Das
einzige, was je bis zum Ziel Gottes hindurch gelangen und im
Leben sein kann in ewigem, göttlichem, himmlischem Leben
ist das, was vom Heiligen Geist herkommt.
Wie ernüchternd ist doch das! Wie dies
alles analysiert und aus einander legt! Da wird zum Beispiel
allem, was wir sagen, ständig die Frage gestellt: Wurde das im
Heiligen Geist gesprochen? Es genügt nicht, wenn wir uns selbst
fragen: Meinte ich es gut? Habe ich das für den Herrn
beabsichtigt? Vielmehr müssen wir uns fragen: «Wurde es im
Heiligen Geist gesagt oder getan, oder tat Ich es?» Es ist nicht
eine Frage des Motivs, der Absicht, sondern eine Frage der Macht,
des Lebens, kraft der oder kraft dessen ich es tat. Fasste ich
jenen Entschluss im Heiligen Geist, oder entschloss ich mich
aufgrund meines eigenen Urteils, nachdem ich die Pros und Kontras
gegen einander abgewogen hatte und zum Schluss gekommen war, dass
es das Beste war, was ich tun konnte? In allem ist es eine Frage
des Lebens im Heiligen Geist. Vielleicht sagst du jetzt: Das ist
ein sehr mühsames Leben, ein sehr schwieriges Leben, wenn wir
uns stets, bevor wir handeln oder sprechen, fragen müssen: Werde
ich dies im heiligen Geist oder bloß von mir aus tun oder sagen?
Ich glaube nicht, dass es nötig ist, ständig diese Haltung
einzunehmen. Aber wir müssen täglich erkennen, dass unser Leben
dem Heiligen Geist unterworfen sein muss, und wenn wir uns
bewusst werden, dass etwas von uns selbst aus gekommen ist,
müssen wir vor Gott diesbezüglich ehrlich sein. Ich glaube,
dass wir langsam aber bestimmt an einen Ort kommen, wo wir mit
jenem gewissen «Innehalten» in unserem Herzen leben, das ein
Prüfstein für unsere Impulsivität, für unsere Raschheit, für
unser handeln unter Begeisterung, ein Prüfstein für unsere
eigene Art, über Dinge zu denken, darstellt. Dies ist etwas, das
der Heilige Geist in uns aufrichten muss. Unsere Aufgabe ist es,
einzusehen, dass vom Mittelpunkt bis an den Rand unseres Lebens
alles Seiner Kontrolle unterstellt werden muss. Das Ergebnis
davon wird sein, dass der Heilige Geist ständig zum Kreuz
zurück wirken wird. Das Kreuz erledigte ein für allemal jene
Position (des natürlichen Menschen) auf eine umfassende und
detaillierte Weise. Es steht für immer da als Gottes
gerichtlicher Bannstrahl über alles, was der Mensch von Natur
aus ist. Der heilige Geist arbeitet in uns stets darauf hin
zurück.
Ihr müsst erkennen, dass das Kreuz das Ende
des Auferstehungslebens ist, und nicht nur der Anfang. Selbst
wenn ihr alles andere wieder vergessen solltet, behaltet dies im
Gedächtnis. Das Kreuz ist das ende des Auferstehungslebens,
sowie auch sein Anfang. «...um Ihn zu erkennen, und die Kraft
Seiner Auferstehung, und die Gemeinschaft Seiner Leiden, indem
ich Seinem Tode gleichförmig werde». Da sind Leute mit
Philipper 3 zu mir gekommen und haben gefragt: warum hört Paulus
denn hier mit dem Tod auf? Es sollte doch bestimmt genau
umgekehrt heißen: «... um Seinem Tod gleichförmig zu werden,
und die Kraft Seiner Auferstehung zu erkennen und die
Gemeinschaft Seiner Leiden». Nein, da liegt kein Fehler vor, der
Heilige Geist hat hier die Reihenfolge bestimmt. Die Kraft Seiner
Auferstehung setzt voraus, dass ein Tod stattgefunden hat, aber
gerade dieses Auferstehungsleben führt wieder zum Kreuz. Der
Heilige Geist führt euch in der Kraft des Auferstehungslebens
immer wieder zum Kreuz zurück, zur Gleichförmigkeit mit Seinem
Tod. Es ist ja gerade die eigentliche Fähigkeit des Lebens,
alles auszuschalten, was zum Tod gehört. Und die eigentliche
Fähigkeit der Auferstehung besteht darin, uns immer wieder an
den Ort zu bringen, wo der Tod ständig überwunden wird. Dieser
Ort ist kein anderer als das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus:
«indem ich Seinem Tod gleichförmig werde...», was bedeutet,
dass ständig und fortschreitend dem Tod Grund weggenommen wird;
und das ist, wie wir gesagt haben, wiederum die Frucht einer
lebendigen Einheit (union) mit Ihm. Das wäre doch
eine armselige Sache für euch und für mich, wenn wir
vollständig, abgesehen von der Kraft Seiner Auferstehung in uns,
Seinem Tode gleichförmig gemacht würden, ohne dass wir bereits
das Leben des Herrn kennen gelernt haben. Wo gäbe es dann
Hoffnung für uns? Welche Kraft hilft uns zu über-leben, wenn
das kreuz in unserer Erfahrung realer in Erscheinung tritt? Es
gäbe kein Überleben, hätten wir nicht Sein Auferstehungsleben
in uns. So betet Paulus: «... um Ihn zu erkennen, und die Kraft
Seiner Auferstehung... », und dies bedeutet Gleich-förmigkeit
mit Seinem Tod ohne äußerstes Zugrundegehen. Das Ende des
Auferstehungslebens ist das Kreuz, damit die Kraft Seiner
Auferstehung in zuneh-mendem Maße durch manifestiert wird.
Dies ist der Hintergrund zu der ganzen Frage
nach dem Leben. Ich bin gewiss, und zwar ist diese Gewissheit
größer denn je, dass unsere Grundlage für ein triumphie-rendes
Leben die Wirksamkeit des Kreuzes ist, die alles beiseite setzt,
was natürlich ist. Der Feind hasst nichts mehr als das Kreuz.
Wir sollten danach trachten, dass unser Denken von allen falschen
Vorstellungen über das Kreuz befreit wird. Nur zu oft stoßen
wir auf folgende Reaktion: «O, es ist das kreuz; es ist Tod,
Tod, Tod!» Dieses subjektive Wirken des Kreuzes führt ständig
zum Tod! Darum haben wir ja bereits darauf hingewiesen, wie
wichtig es ist, dass wir erkennen, dass der Tod uns nicht
zugrunde richtet, sondern dass er Platz machen muss für eine
größere Fülle von Leben. Wir müssen die positive Seite im
Sinn behalten. Nicht die Tatsache, dass wir ständig
ausgeschaltet werden, sondern die Notwendigkeit dieses Prozesses,
damit Er in immer größerem Maße in Erscheinung tritt. Es ist
die Seite des Lebens, auf die wir uns konzentrieren müssen,
selbst wenn wir das Wirken des kreuzes in Bezug auf das
betrachteten, was durch Gott auf Golgatha beiseite gesetzt worden
ist.
Habt ihr denn Leben nötig? Der Herr sagt in
Wirklichkeit: «Nun, dann wollen wir einmal dies beiseite
räumen». Und wenn Ihm dies bei uns gelingt, ist Leben da!
Möchtet ihr mehr Leben? Nun, dann muss auch dies und jenes weg.
Und ihr werdet noch mehr Leben haben. Ihr werdet kaum Menschen
begegnen, die, nachdem sie sich wirklich vor Gott mit der Bitte
um eine Vermehrung des geistlichen Lebens aus-gestreckt haben,
nicht unmittelbar darauf in eine schwierige Erfahrung eintraten
und eine schwere Zeit durchmachten. Seid ihr je dahin gekommen,
dass ihr euer äu-ßerstes eingesetzt habt, dieses Besondere,
dieses Neue, zu empfangen, das Gott geoffenbart hat, ohne dabei
eine dunkle, versuchungsvolle, schmerzliche Zeit durch-zumachen?
Es ist immer so. Und das ist keineswegs falsch. Der Herr sagt
dadurch bloß: «Möchtest du es? Nun, dann muss da noch etwas
auf die Seite. Vielleicht möchtet ihr geistliches Wachstum, weil
dies euch glücklicher machen würde. Dieses Motiv muss der Herr
zuerst beseitigen, so dass ihr das Begehrte nicht um euer selbst
willen wollt, sondern um des Herrn willen. Wenn ihr eine
schwierige Zeit durchmacht, und euer Ich ist dabei das
beherrschende Element, dann werdet ihr sagen: « O, es macht
nichts; dann will ich lieber darauf verzichten, wenn es auf das
hinausläuft». Dies ist die selbstsüchtige Art, es zu
betrachten. Aber wenn ihr im Blick auf etwas durch eine dunkle
Zeit hindurch geht, und ihr an dem Punkt anlangt, wo ihr sagt:
«Ganz gleich, was es mich kosten wird, der Herr muss dies in
meinem Leben bekom-men!», dann werdet ihr im Verlauf des
Prozesses erleben, wie euer Ich ausgebootet wird. Der heilige
Geist hat stets dies zum Ziel. Er geht auf Leben aus, auf
überströ-mendes Leben, aber dies wird nur verwirklicht, wenn Er
uns wieder und wieder zum Kreuz zurück führt. Das Kreuz bildet
die Grundlage für das Leben, weil es der Ort ist, wo der Herr
Jesus den Tod besiegt und für die Gläubigen Leben hervor
gebracht hat. Der Herr möge uns in dieses Leben hineinführen.
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